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Ralf #452191 11/12/11 11:46 AM
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JOHNNY ENGLISH - JETZT ERST RECHT:

Nach einem desaströs verlaufenen Einsatz in Mosambik ist MI7-Agent Johnny English (Rowan Atkinson) aus dem Geheimdienst ausgeschieden und versucht, in einem Shaolin-Kloster zu sich selbst zu finden. Unerwartet wird er jedoch einige Jahre später in die Welt der Spionage zurückgerufen, als ein Informant ausschließlich mit ihm sprechen möchte. Es stellt sich heraus, daß ein Anschlag auf den chinesischen Premierminister während seines Besuchs in England geplant ist ...

Satte acht Jahre nach dem eher mittelmäßigen ersten "Johnny English" kehrt der britische Kultkomiker Rowan Atkinson ("Black Adder", "Mr. Bean") in der Rolle des trotteligen Spions zurück. Doch halt, ist er wirklich so trottelig? Die Antwort darauf lautet "Nein! (zumindest nicht komplett)" und genau das ist der Grund dafür, daß die Fortsetzung eindeutig witziger geraten ist als der erste Teil. Durch seinen Aufenthalt im tibetischen Kloster ist English tatsächlich gereift und von der trotteligen Witzfigur zum (einigermaßen) ernstzunehmenden Agenten geworden - wie früh anhand einer herrlichen Parodie der berühmten Parkour-Verfolgungsjagd aus "Casino Royale" demonstriert wird. Natürlich ist English noch immer tollpatschig und hin und wieder erschreckend naiv - aber insgesamt funktioniert die Figur deutlich besser als im ersten Teil.

Dazu trägt auch der mir bislang völlig unbekannte Daniel Kaluuya bei, der English als unerfahrener, aber gewitzter Nachwuchs-Agent Tucker zur Seite steht - die beiden ergänzen sich wunderbar und geben ein richtig schlagkräftiges Team ab. Überhaupt läßt die Besetzung wenig Wünsche offen. Zwar fehlt ein charismatischer Oberbösewicht, wie ihn im ersten Teil John Malkovich gespielt hat - aber angesichts der ernsthafteren Story wäre ein solch überzogener Charakter auch eher fehl am Platze. Dafür gibt es nun Gillian "Scully" Anderson als Geheimdienstchefin, Atkinsons "Black Adder"-Kollegen Tim McInnerny als "Q"-Parodie, die zauberhafte Rosamund Pike (in die ich spätestens seit "Barney´s Version" verliebt bin grin ) als obligatorischer Love Interest und sozusagen Ersatz für Natalie Imbruglia aus dem ersten Teil. Dazu kommen Dominic West ("The Wire") als weiterer MI7-Agent, Burn Gorman (Owen in "Torchwood") als Strippenzieher und Richard Schiff ("The West Wing") als CIA-Agent.

Der Humor fällt in "Jetzt erst recht" etwas weniger slapstick-lastig aus, dafür gibt es mehr Bond-Parodie-Szenen und eine ziemlich klassische Spionage-Story, die leider in der zweiten Filmhälfte viel zu klischeehaft zu Ende gebracht wird (dafür gibt es dann aber einige der besten Gags, ich sage nur "put your hands in the air like you don´t care" ...).

Diese Storyschwächen verhindern eine echte Top-Bewertung, aber insgesamt ist "Johnny English - Jetzt erst recht" in jeder Hinsicht besser und vor allem witziger als der Vorgänger und damit sehr gelungene Unterhaltung für die ganze Familie. 7,5 Punkte (zum Vergleich: dem ersten Teil gab ich 6,5 Punkte, aus heutiger Sicht würde ich wohl sogar auf 6 Punkte runtergehen).

P.S.: Gegen Ende des Abspanns gibt es eine buchstäblich köstliche zusätzliche Szene!

Ralf #452219 13/12/11 05:54 PM
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Angeblich soll das der letzte Film von Rowan Atkinson sein . Ich habe gehört, er wolle nicht mehr Filme machen oder sonswie "auf die Bühne".


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Atkinson soll schon nach "Mr. Bean nach Ferien" gesagt haben, er werde als Schauspieler aufhören, insofern würde ich diese Meldung (die ich auch gelesen habe) nicht übermäßig ernst nehmen. smile

Ralf #452398 22/12/11 03:58 PM
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MISSION: IMPOSSIBLE - PHANTOM PROTOKOLL:

Als ein klassischer verrückter Wissenschaftler einen Atomkrieg zwischen Rußland und den USA verursachen will, weil er davon überzeugt ist, daß nur durch diese "unnatürliche Auslese" eine friedliche Welt entstehen kann, ist Geheimagent Ethan Hunt (Tom Cruise) gefragt. Diesmal allerdings unter erschwerten Bedingungen, denn er und sein dreiköpfiges Team müssen komplett ohne staatliche Unterstützung arbeiten ...

Über die Story muß man wirklich nicht viel mehr erzählen, da sie weder sonderlich originell noch sonderlich interessant ist. Sie funktioniert halt nach dem klassischen McGuffin-Prinzip und erfüllt in dieser Hinsicht ihren Zweck. Nicht mehr und nicht weniger.

Dennoch ist der vierte "Mission: Impossible"-Film eine überraschend gelungene Fortsetzung. Das liegt zunächst natürlich an den phantastischen Actionsequenzen, die quer über die ganze Welt verteilt (u.a. Moskau, Dubai, Budapest, Indien) und (wohlgemerkt ohne 3D!) sehr spektakulär geraten sind. Wichtig ist auch, daß das Agententeam hervorragend harmoniert. Neben Tom Cruise als Ethan Hunt ist aus dem Vorgänger Simon Pegg als Technikexperte Benji wieder dabei (diesmal sogar in einer Hauptrolle), neu sind OSCAR-Nominee Jeremy Renner ("Tödliches Kommando", "The Town") als Analyst Brandt und Paula Patton ("Déjà Vu", "Precious") als Agentin Jane. Die beiden Neulinge haben sogar ihre eigene kleine Hintergrundstory erhalten, was dazu beiträgt, daß sie für das Publikum nicht bloß austauschbare Agenten bleiben, sondern man durchaus mit ihnen mitfiebert.

Im Vergleich zu den ersten drei Filmen der Reihe ist "Phantom Protokoll" zudem noch etwas humorvoller ausgefallen - vermutlich liegt das auch an Regisseur Brad Bird, der durch Pixar-Animationsfilme wie "Ratatouille" und "Die Unglaublichen" bekannt wurde -, die Musik von Michael Giacchino ist zwar klischeehaft (russische Männerchöre in Moskau, orientalische Klänge in Dubai, ...), aber gut.

Eigentlich ist "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" damit ein hervorragender Popcornfilm, ein paar Kritikpunkte habe ich dennoch. Wie bereits angedeutet enthält der Film für meinen Geschmack etwas zu viel Action und etwas zu wenig Handlung, dazu kommt ein Problem, das zuletzt bereits beispielsweise "Captain America" hatte: Es gibt bereits im Mittelteil einen großartigen Action-Höhepunkt, nach dem das Tempo zwangsläufig deutlich abnimmt, ehe es zum Showdown kommt. Gerade angesichts der Länge von 130 Minuten kommt es durch dieses zu ungleichmäßige Filmtempo zu ein paar kleineren Hängern, auch wenn diese bei "Phantom Protokoll" durch stärkeren Humoreinsatz und ein wahrlich spektakuläres Dekolleté von Paula Patton in den Indien-Szenen recht gut abgefangen werden. grin

Außerdem finde ich, daß Brandts recht brisante Hintergrundgeschichte etwas zu oberflächlich abgehandelt wird und Michael Nyqvist (Hauptdarsteller der schwedischen Verfilmung von Stieg Larssons "Millennium"-Trilogie) bleibt als Oberbösewicht ob der Klischeehaftigkeit seiner Figur eher blaß.

Sehr gut gefallen hat mir dafür, daß "Phanom Protokoll" kein reiner Standalone-Film ist, sondern überraschend konsequent die Ereignisse des dritten Teils thematisiert (wenn auch relativ geballt am Ende des Films). Eine solche inhaltliche Kontinuität finde ich ausgesprochen wohltuend. Und die Gastauftritte von Tom Wilkinson und Josh Holloway (Sawyer in "Lost") sollen auch nicht unerwähnt bleiben. smile

Fazit: Der vierte "Mission: Impossible"-Film bietet absolut gelungene, ebenso aufregende wie humorvolle Action-Unterhaltung. Das würde zwar zeitlich eher in den Sommer passen als zu Weihnachten, aber egal. 8 Punkte.

Meine persönliche "Mission: Impossible"-Reihenfolge sieht nun folgendermaßen aus:

1. M:I1
2. M:I4
3. M:I3
4. M:I2

Ralf #452403 22/12/11 07:02 PM
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JANE EYRE:

Die 19-jährige Jane Eyre (Mia Wasikowska aus "Alice im Wunderland" und der ersten Staffel von "In Treatment") findet eine Anstellung als Gouvernante der Ziehtochter des wohlhabenden Mr. Rochester (Michael Fassbender, "Inglourious Basterds", demnächst vermutlich OSCAR-nominiert für "Shame"). Trotz eines zu Beginn recht ruppigen Umgangstons untereinander verlieben sich die beiden allmählich ineinander, allen Standesgrenzen zum Trotz. Doch Mr. Rochester hütet ein dunkles Geheimnis, das wie ein Damoklesschwert über beider gemeinsamem Schicksal hängt ...

Der Literaturklassiker "Jane Eyre" von Charlotte Bronté wurde bereits unzählige Male verfilmt, vor allem in England, oft auch als Mini-Serie fürs TV. Die neues Adaption von Regisseur Cary Joji Fukunaga ("Sin Nombre") hält sich ziemlich dicht an die Vorlage (wie mir zumindest meine Begleiterin versicherte, die im Gegensatz zu mir das Buch gelesen hat), wirkt aber dennoch nicht übermäßig altbacken. Das liegt vor allem in der hervorragenden technischen Umsetzung sowie den schauspielerischen Leistungen begründet.

Wenn ich mich nicht irre, wurde beispielsweise tatsächlich der gesamte Film (oder zumindest die wichtigsten Szenen) ganz im Stil der dänischen "Dogma"-Filme ohne künstliche Beleuchtung gedreht. Das funktioniert wunderbar, denn auf diese Weise wirkt die kunstvolle Ausleuchtung mittels Öllampen oder Kerzen nicht nur authentisch, sondern wird von Regisseur und Kameramann auch noch phantasievoll zur Untermalung von Dialogen und Stimmungen verwendet. Ähnliches gilt für die Geräuschkulisse, die - ohne je aufdringlich zu wirken - das alte Gemäuer von Rochesters Landhaus fast zu einer weiteren Figur des Geschehens macht. Auch die gefühlvolle, klavierlastige Musik von Dario Marianelli fügt sich nahtlos in das athmosphärische Geschehen ein.

Schauspielerisch weiß primär Mia Wasikowska in der Titelrolle zu begeistern, aber auch Michael Fassbender liefert erneut eine gute Leistung ab und von Dame Judi Dench und Jamie Bell in den beiden wichtigsten Nebenrollen erwartet man sowieso nichts anderes. Es gibt beispielsweise eine Szene, in der Rochesters (französisches) Mündel ein Lied vorträgt - dabei in die Gesichter der zuschauenden und -hörenden Wasikowska und Dench zu sehen, ist ein wahres Vergnügen für Anhänger der Schauspielkunst. Völlig ohne Worte vermitteln beide Darstellerinnen eine Abfolge zahlreicher (und bei beiden unterschiedlicher) Emotionen, daß es eine wahre Freude ist.

Nun klingt meine bisherige Rezension wohl ziemlich begeistert - dennoch kann ich "Jane Eyre" keine allzu hohe Wertung verleihen und dafür gibt es einen einfachen Grund: Ich finde die Handlung nicht übermäßig interessant. Das ist natürlich nicht primär dem Film anzulasten, sondern der Buchvorlage (die zudem vermutlich eher das weibliche Geschlecht ansprechen dürfte). Aber das ändert nichts daran, daß ich mich aller technischen und schauspielerischen Brillanz zum Trotz nur knapp überdurchschnittlich gut unterhalten fühlte. 7 Punkte.

Wer die Buchvorlage mag, darf sich aber sicherlich mindestens einen Punkt hinzudenken.

Ralf #452457 24/12/11 03:23 PM
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Kurz vor dem Weihnachtsessen hole ich noch eine weitere Rezension nach: smile

SHERLOCK HOLMES - SPIEL IM SCHATTEN:

Dr. Watson (Jude Law) will seine Mary (Kelly Reilly) heiraten, doch sein Trauzeuge Sherlock Holmes (Robert Downey, Jr.) war so sehr mit seinen schrulligen Experimenten und Theorien beschäftigt, daß er komplett vergessen hat, den Junggesellenabschied vorzubereiten. Bei seiner Improvisation rettet er zufällig die Zigeunerin Sim (Noomi Rapace, Lisbeth Salander aus der "Millennium"-Trilogie) vor einem Attentäter und es stellt sich heraus, daß sie einen gemeinsamen Feind haben: Professor Moriarty (Jared Harris, "Mad Men"). Um den sinistren Akademiker an seinen kriegstreiberischen Plänen zu hindern, nehmen Holmes, Watson und Sim dessen Spur auf ...

Im Grunde genommen ist über Guy Ritchies zweiten "Sherlock Holmes"-Film nicht viel zu sagen, da er fast die gleichen Stärken und Schwächen hat wie der erste Teil. Zu den Stärken zählen die spritzigen Dialoge zwischen Downey und Law, zudem überzeugt der relativ unbekannte Jared Harris als Holmes´ ebenbürtiger Erzfeind Moriarty und der immer geniale Stephen Fry als Mylock Holmes sorgt in einigen köstlichen Szenen für die wohl größten Lacher des Films. Aus dem ersten Film sind übrigens auch Rachel McAdams (als Irene Adler), Geraldine James (als Mrs. Hudson) und Eddie Marsan (als Inspector Lestrade) wieder dabei, allerdings diesmal in deutlich kleineren Rollen.
Auch die Actionsequenzen können überwiegend überzeugen, vor allem die "Kennenlernszene" mit Sim ist sehr gelungen. An anderen Stellen ist Ritchies Inszenierung allerdings etwas arg unübersichtlich geraten.

Die Schwächen des ersten Films hat "Spiel im Schatten" leider auch beibehalten: Einmal davon abgesehen, daß die Darstellung des Meisterdetektivs Sherlock Holmes als relativ austauschbarer Actionheld mit Grips nicht jedermanns Geschmack trifft, ist es Ritchie vor allem wiederum nicht gelungen, einen echten Spannungsbogen aufzubauen. Wie schon zuletzt bei "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" hangelt man sich eher von einer Actionszene zur nächsten, von denen manche mehr und manche weniger spannend sind. Im Vergleich zu "Mission: Impossible" sind die weniger spannenden leider deutlich häufiger, zumal die Figuren viel unterentwickelter sind. Das führte dazu, daß ich mich zwischendurch sogar immer mal wieder kurz langweilte ...

Immerhin weiß der Film mit einem überraschenden, actionfreien Showdown zu versöhnen.

Fazit: "Sherlock Holmes - Spiel im Schatten" ist wie sein Vorgänger durchaus vergnügliches Action-Abenteuer-Kino, das aber enttäuschenderweise sein vorhandenes Potential erneut bei weitem nicht ausschöpft. 7 Punkte.

Ralf #452515 29/12/11 11:04 AM
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Mein letzter Kinobesuch 2011 war leider nicht der Hit:

THE IDES OF MARCH - TAGE DES VERRATS:

Der smarte Stephen (Ryan Gosling, "Drive") ist einer der beiden Hauptberater des demokratischen Präsidentschaftsanwärters Mike Morris (George Clooney). Er macht den Job aus Überzeugung, weil er an Morris´ Kombination aus Idealismus und Ehrlichkeit glaubt, die auch beim Wahlvolk eher unpopuläre Forderungen nicht scheut. Stephen selbst jedoch schreckt in seiner Tätigkeit vor kaum etwas zurück, um Norris die Präsidentschaftsnominierung gegen den parteiinternen Rivalen zu sichern - muß allerdings bald erkennen, daß er womöglich doch nur ein kleiner Piranha im großen Haifischbecken namens Politik ist ...

Nächsten Dienstag beginnen in den USA die Vorwahlen zur Bestimmung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Obama-Rivalen bei der Wahl Ende 2012. Es ist kaum anzunehmen, daß der deutsche Verleih das bei seiner Entscheidung für den deutschen Kinostart Ende Dezember berücksichtigt hat, aber es ist natürlich ungemein passend - auch wenn es in der Theaterverfilmung "The Ides of March" primär um die Demokraten geht. Wenn man den Geschehnissen des Films glauben will, dann macht das allerdings sowieso kaum einen Unterschied, denn intrigiert und betrogen wird überall in der Politik ...

Angesichts dieser vielleicht realistischen, aber doch sehr zynischen Haltung überrascht es, daß George Clooney nicht nur die Rolle des Mike Norris übernahm (übrigens eher eine große Nebenrolle als eine echte Hauptrolle), sondern auch gleich die Regie. Ist doch Clooney als einer der überzeugtesten und eloquentesten Unterstützer der Demokraten in Hollywood berühmt bzw. (bei den Anhängern der Republikaner) berüchtigt.

Was auch immer ihn dazu bewegt haben mag, es war meiner Meinung nach keine allzu glückliche Entscheidung. Denn so sehr ich George Clooney als Schauspieler und auch als öffentliche Person schätze - von seinen Fähigkeiten als Regisseur konnte er mich bislang nicht restlos überzeugen. Von seinen vier Regiearbeiten war "Good Night, and Good Luck." die einzige, die es bei mir zumindest in den "Gut"-Bereich geschafft hat. "The Ides of March" scheitert an dieser Hürde.

Der Hauptgrund dafür ist ein IMHO falscher Schwerpunkt des Films. Bei näherer Betrachtung handelt es sich nämlich gar nicht wirklich um den (von mir erhofften) Polit-Thriller, sondern eher um ein bemerkenswert pessimistisches Charakterdrama ohne echte Identifikationsfiguren. Sowas kann natürlich sehr wohl einen guten Film ergeben, aber "The Ides of March" scheitert an einer zu großen Unentschlossenheit zwischen den einzelnen Storyelementen, zudem an einer zu oberflächlichen Ausarbeitung der handelnden Akteure. Lediglich Ryan Goslings Figur des Stephen kommt einigermaßen authentisch rüber, die anderen Charaktere wirken trotz so grandioser Darsteller wie George Clooney, Philip Seymour Hoffman, Paul Giamatti, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood, Jeffrey Wright oder Jennifer Ehle eher wie Klischees als wie glaubwürdige Personen. Auch die Handlungsweisen dieser Figuren wirken zu oft vom Drehbuch gesteuert anstatt wirklich nachvollziehbar.

Dennoch: Solange sich die Handlung auf den Politik-Teil konzentriert, ist "The Ides of March" durchaus sehenswert und die Leistungen der Schauspieler sind über jeden Zweifel erhaben.

Unterm Strich ist "The Ides of March" jedoch ein aufgrund des beteiligten Talents enttäuschend mittelmäßiger, thematisch unentschlossener Film, dessen zynische Sichtweise nicht wirklich in die Weihnachtszeit paßt ... 6 Punkte.

Wer sich für gute Storys rund um die amerikanische Politik interessiert, dem empfehle ich stattdessen die TV-Serie "The West Wing". smile

Ralf #452518 29/12/11 12:32 PM
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Originally Posted by Ralf
dessen zynische Sichtweise nicht wirklich in die Weihnachtszeit paßt ...


... Das hätte ich dir aber auch schon vorher sagen können ...



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Und damit kommen wir zum Jahresrückblick 2011:

Wie üblich gilt: Es zählen jene Filme, die ich im Kalenderjahr 2010 gesehen habe und wie immer ist die Reihenfolge der Filme rein subjektiv. Da ich nach Abschluß der Lektoratsarbeit für mein Buch deutlich mehr Zeit hatte, dürfte die Anzahl von Filmen, die ich im Kino gesehen habe, diesmal wieder deutlich höher liegen als in den beiden Vorjahren.
Filme, die ich beim Fantasy Filmfest oder beim Filmfest in Augsburg gesehen habe (und die deshalb teilweise erst 2012 in Deutschland ins Kino kommen bzw. auf DVD veröffentlicht werden), kommen ebenfalls in die Wertung. Ich werde sie aber der Übersichtlichkeit halber mit FFF bzw. FFA kennzeichnen.

Die Top15:

1. Barney´s Version:
Die kanadische Tragikomödie um einen auf den ersten Blick nicht allzu liebenswerten TV-Produzenten, der beeinflußt von seiner Alzheimer-Krankheit auf sein Leben zurückblickt, besticht mit wunderbar warmherzigem Humor, einer guten Portion Romantik und einer beeindruckenden Detailverliebtheit. Bei der Erstsichtung war ich beeindruckt, bei der Zweitsichtung schlichtweg begeistert! up up up

2. Super 8:
J.J. Abrams´ Geschichte um ein paar Jugendliche, die mysteriösen Geschehnissen in ihrem Heimatort nachgehen, ist eine wunderbar nostalgische und witzige Hommage an das Abenteuer-Kino der 1980er Jahre á la Steven Spielberg. up up

3. 127 Hours:
Dem britischen Regisseur Danny Boyle ist mit seiner Verfilmung der wahren Geschichte um einen Hobbykletterer, der bei einer Wochenendtour in Utah buchstäblich in der Klemme steckt, weil er in einer Felsspalte seinen rechten Arm nicht mehr freibekommt, eine bewegende Hymne auf die Kraft des menschlichen Willens gelungen, die das Publikum trotz der tragischen Geschehnisse geradezu begeistert aus dem Kino entläßt. up

4. Drive (FFA):
Die ungewöhnliche Mischung aus rasantem, stylishem (und ziemlich brutalem) Actionstreifen und langsamem Arthouse-Film wird nicht jedermanns Geschmack treffen - mich hat sie u.a. dank Hauptdarsteller Ryan Gosling und Regisseur Refns stilsicherer Inszenierung begeistert.

5. Black Swan:
Darren Aronofskys Story einer von inneren Dämonen geplagten Ballett-Tänzerin hat Schwächen, aber die visuelle und akustische Umsetzung sowie die OSCAR-gekrönte Leistung von Hauptdarstellerin Natalie Portman machen den Film unvergeßlich.

6. Midnight in Paris:
Woody Allen nostalgische Liebeserklärung an die Pariser Künstlerszene der 1920er Jahre ist sein bester Film seit Jahrzehnten.

7. The Guard:
Die irische Komödie um einen von Brendan Gleeson wunderbar schrullig verkörperten ungehobelten Dorfpolizisten, der im Zusammenspiel mit einem amerikanischen Bundesagenten (Don Cheadle) Drogenhändlern an den Kragen will, ist der wohl politisch unkorrekteste Film des Jahres - und zum Schreien komisch!

8. Dame, König, As, Spion (FFA):
Die Neuverfilmung des Spionage-Dramas von John Le Carré besticht mit einem grandiosen Hauptdarsteller Gary Oldman und einer bewundernswert altmodischen, quasi actionfreien Inszenierung.

9. True Grit:
Das Westernremake erzählt eine kleine Geschichte und macht sie durch den typischen Touch der Coen-Brüder zu etwas besonderem. Und Jeff Bridges in der einstigen John Wayne-Rolle ist natürlich auch toll.

10. X-Men: Erste Entscheidung:
Das Prequel zur Mutantensaga wurde zurecht zu einem der Überraschungshits des Jahres: Starke Darstellerleistungen, ein toller Soundtrack, eine Dosis Humor und das witzigste Cameo des Jahres ließen den Film zum besten Sommerblockbuster 2011 avancieren.

11. Melancholia:
Lars von Triers elegische Mischung aus Weltuntergangsdrama und Depressionsstudie gewinnt erst in der zweiten Filmhälfte so richtig an Fahrt - dann aber so richtig. Und das wunderschöne Ende wird man nicht so schnell vergessen.

12. Planet der Affen - Prevolution:
Auch der zweitbeste Sommerblockbuster ist ein Prequel, von dem im Vorfeld wenig erwartet wurde. Doch Andy Serkis´ intelligenter Affe Caesar beeindruckt ebenso wie die smarte Story und die gut ausgearbeiteten Figuren.

13. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes:
Da ich beide Teile im Jahr 2011 gesehen habe (Teil 2 in 3D), werte ich sie als einen Film. Zwar hatte ich vom Finale der Zauberersaga noch etwas mehr erwartet, es ist aber dennoch ein absolut würdiger Abschluß der Reihe geworden.

14. The King´s Speech:
Der OSCAR-Gewinner 2011 über den stotternden britischen König George VI. und seinen Sprachtherapeuten ist ein hervorragender Wohlfühlfilm. Nicht mehr und nicht weniger.

15. Super (FFF):
James Gunns leidenschaftliche Dekonstruktion des Superhelden-Mythos ist ebenso blutig wie schwarzhumorig ausgefallen. Und ich liebe Ellen Page! grin

Die Flop5:

1. Last Night:
Mein erster Kinobesuch 2011 sollte zum Glück auch der mißlungenste des Jahres bleiben. Die Erinnerung an die prätentiöse Story um ein junges Ehepaar und seine Beziehungsprobleme macht mich noch heute schläfrig vor lauter Langeweile ...

2. Scream 4:
Nach so langer Wartezeit hätte man von Horror-Altmeister Wes Craven wahrlich mehr erwarten dürfen als diesen schnarchigen Aufguß seiner kultigen "Scream"-Trilogie aus den 1990ern.

3. Final Destination 5 (3D):
Trotz ein oder zwei optisch beeindruckenden Todesszenen und einem gelungenen Schlußtwist: Auch bei dieser Horror-Reihe scheint die Luft raus zu sein.

4. Der Adler der 9. Legion:
Aus einer spannenden historischen Legende hat Regisseur Kevin Macdonald ein langatmiges und innovationsarmes Action-Drama gemacht.

5. Die Haut, in der ich wohne:
Pedro Almodóvars Abstecher ins Horror/Thriller-Genre leidet unter formalen Schwächen und ist viel zu vorhersehbar.

Best Guilty Pleasures:

1. Krieg der Götter (3D):
Tarsems antike Schlachtplatte in 3D macht mit ihrer Bildgewalt und der unkomplizierten Fantasy-Action-Handlung einfach tierisch Laune!

2. Insidious:
Eine klassische "Haunted House"-Geschichte mit einem gelungenen Twist. Ein schön altmodischer Gruselstreifen.

3. Johnny English - Jetzt erst recht:
Das zweite Abenteuer des schusseligen britischen Geheimagenten macht deutlich mehr Spaß als das erste und liefert sogar einige echte Brüller ab. smile

4. Chillerama (FFF):
Der Splatter-Episodenfilm ist ein klassischer Partyfilm, den man am besten mit einem großen, gutgelaunten Publikum zusammen anschaut. grin

5. Point Blank (FFF):
Ein schnörkelloser französischer Action-Thriller mit jeder Menge rasanter Actioneinlagen und einem Schuß Humor.

Fazit:
2008 konnte ich zwei Filmen die Höchstpunktzahl geben, 2009 keinem einzigen, 2010 wieder zwei, diesmal immerhin einem (wenn auch erst im zweiten Anlauf). Unterm Strich war 2011 in meinen Augen ein durchschnittliches Kinojahr. Es gab viele gute Filme, doch fehlten die absoluten Highlights. Viele Fortsetzungen enttäuschten mehr oder weniger stark, dafür konnten überraschend die Prequels qualitativ überzeugen.
Bleibt die Hoffnung auf ein richtig starkes Kinojahr 2012 - dank "Hobbit" stehen die Chancen ja schon mal nicht schlecht ... smile

Abschließend noch die Länderübersicht: Unter meinen Top15-Filmen befinden sich diesmal acht eindeutig amerikanische Filme (Super 8, Drive - allerdings mit dänischem Regisseur -, Black Swan, Midnight in Paris - allerdings in Frankreich gedreht -, True Grit, X-Men, Planet der Affen, Super), dazu kommen mit "127 Hours" und "Harry Potter" zwei britisch-amerikanische Co-Produktionen.
Dazu kommen zwei eindeutig britische Filme, ein irischer, ein kanadischer, ein dänischer. Wieder mal kein deutscher.
Außerdem gibt es in meinen Top15 nur eine Fortsetzung, aber gleich zwei Prequels. 14,5 2D-Filme und nur ein halber in 3D (Harry Potter 7.2). Fünf echte Hollywood-Filme, zehn kleinere Produktionen.
Insgesamt eine schön bunte Mischung, wie ich finde. smile

P.S.: Hm, mein vorheriger Post (direkt nach Alriks) scheint verschwunden zu sein. Vielleicht sollte ich pünktlich zum neuen Jahr mal wieder ein neues Kino-Topic beginnen ...

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Muppets

ich war am Freitag drin und es ist einfach ein wunderbarer und trotz des schweren Erbes leichter Film smile
typisch für Disney gibts viel Gesang, aber immer passend, und dazu nicht nur eine sondern soga zwei Liebesgeschichten, die sich aber trotzdem eher unaufdringlich wirken und schön in die Geschichte passen
dazu noch viele viele Anspielungen, man nimmt so einiges Klischee mit der Holzhammermethode auf die Schippe, so einige Gaststars mit doch eher ungewöhnlichen Rollen vielleicht und so einige Kritik auf das aktuelle Kino- und TVgeschehen (Productplacement, wobei ausgerechnet Disneys Sender ABC in cde geändert wurde etc.)
für mich einfach nur empfehlenswert smile

achja im Abspann gabs dann bei den deutschen Stimmen anscheinend eine Verwechslung oder es wurden zusätzlich nochmal die Namen zu Toy Story (Woody, Buzz Lightyear etc.) eingeblendet, da habe ich davor nicht drauf geachtet, ob die richtigen Synchronsprecher auch vorher eingeblendet wurden

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DIE MUPPETS (OV):

Ein böser Wirtschaftsboß mit dem passenden Namen Tex Richman (Chris Cooper) hat das traditionelle Muppets-Theater aufgekauft - angeblich, um dort ein Muppets-Museum zu errichten, in Wahrheit will er es jedoch abreißen, um auf dem Grundstück nach Öl zu bohren. Als Kermit davon erfährt, muß er innerhalb kürzester Zeit die alte Muppets-Bande zusammenbringen, um eine Benefizshow zu veranstalten, mit der die $10 Mio. eingesammelt werden können, mit denen das Theater vertragsgemäß zurückgekauft werden kann ...

Das größte Problem des neuen "Muppets"-Film läßt sich an obiger Kurzbeschreibung schon ganz gut erkennen: Die Handlung ist von vorn bis hinten unoriginell und klischeebeladen, eigentlich sogar ziemlich dreist von "Blues Brothers" geklaut. Glücklicherweise ist das zwar ein durchaus ernsthaftes Problem, aber auch das einzige des Films. Der Rest ist nämlich sehr gut gelungen.

Ich kenne mich ja mit den Muppets nur sehr wenig aus, insofern werden mir sicher etliche Insidergags und Anspielungen auf die Muppets-Historie entgangen sein - aber auch so funktioniert der Film mit liebenswürdigen Charakteren, gelungenen Songs (in der deutschen Synchronfassung leider eingedeutscht - deshalb habe ich mir die englische Originalversion angeschaut), etlichen Cameos und viel Humor.

Auch die beiden menschlichen Hauptdarsteller (Jason Segel aus "How I met your mother" und Amy Adams, die hier wirklich zum Verlieben ist smile ) fügen sich erstaunlich nahtlos in das Puppenensemble ein.

Heute nachmittag gibt es ja die OSCAR-Nominierungen und ich hoffe sehr stark auf "Muppets"-Nominierungen zumindest im Musikbereich. Vor allem das eingängige "Life´s a happy song" hätte eine Nominierung meiner Meinung nach definitiv verdient (wenngleich die lustigste Musikeinlage wohl die von Chris Cooper ist ...).

Insgesamt ist "Die Muppets" also eine fast rundum gelungene Wiederbelebung eines beliebten Franchises, die aber definitiv mehr Mut zur Eigenständigkeit beim Drehbuch hätte vertragen können. 7,5 Punkte.

Als Vorfilm gab es:
SMALL FRY (OV):

In diesem Kurzfilm aus der "Toy Story"-Welt geht Buzz Lightyear in einem Fastfood-Restaurant verloren und landet beim Versuch, nach Hause zurückzukehren, erstmal in einer Selbsthilfegruppe für ausrangierte Spielzeuge ...
"Small Fry" ist ein sehr witziger Kurzfilm, der vor allem mit den ausgefallenen Spielzeugen der Selbsthilfegruppe punkten kann (mein Favorit: der "funky monk" grin ) und zudem durch die von den Pixar-Studios gewohnte Detailverliebtheit glänzt. Alleine im Abspann gibt es eigentlich mehr zu entdecken, als man auf den ersten Blick erkennen kann. up
8,5 Punkte.

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VERBLENDUNG:

Nachdem der schwedische Investigativ-Journalist Mikael Blomkvist (Daniel Craig) einen großen Verleumdungsprozeß verloren hat, zieht er sich vorerst aus seinem Beruf zurück. Da trifft es sich gut, daß der Großindustrielle Henrik Vanger (Christopher Plummer, gerade OSCAR-nominiert, allerdings für den Film "Beginners") ihn anheuert, um das spurlose Verschwinden seiner Nichte vor mehreren Jahrzehnten aufzuklären. Als Täter des vermutlichen Verbrechens kommen vor allem Mitglieder der Familie Vanger in Frage ...

Nur zwei Jahre hat es gedauert, bis Hollywood eine eigene Version des ersten Bandes von Stieg Larssons gefeierter "Millennium"-Trilogie der erfolgreichen schwedischen Verfilmung folgen ließ. Ob diese Neuverfilmung nun sinnvoll ist oder nicht, muß jeder für sich selbst entscheiden - Fakt ist, daß Regisseur David Fincher ("Sieben", "The Social Network") einen handwerklich überzeugenden Thriller mit hochkarätiger Besetzung geschaffen hat. Zwar ist sein Film erwartungsgemäß etwas amerikanisiert (besser aussehende Schauspieler, ein paar kleine, IMHO unnötige Storyabweichungen) und natürlich in technischer Hinsicht wesentlich aufwendiger (beginnend mit dem grandiosen Vorspann, auch wenn manche meinen, daß er nicht wirklich zum Film passe), aber für Hollywood-Verhältnisse dennoch erstaunlich düster und (in sexueller Hinsicht) explizit.

Da ich den schwedischen Film erst vor einem Jahr gesehen habe (in der Langfassung im TV), fällt mir eine genaue inhaltliche Bewertung von Finchers Version relativ schwer, da mir die Handlung einfach noch zu genau im Gedächtnis war. Außerdem ist speziell der zentrale Kriminalfall in meinen Augen sowieso der größte Schwachpunkt der Handlung, da er erstens für erfahrene Krimigucker (oder -leser) recht vorhersehbar ist (ich vermute, daß er im Buch deutlich besser funktioniert, da dort logischerweise alles nicht so "gedrängt" ist wie in einem Film, selbst wenn er zweieinhalb oder drei Stunden dauert) und zweitens die handelnden Figuren eine zentrale Vermutung niemals ernsthaft hinterfragen, obwohl das offensichtlich wäre. Da mich das schon beim ersten Mal gestört hat, ist es beim zweiten Mal innerhalb eines Jahres noch nerviger (deshalb ist übrigens von der schwedischen Trilogie der zweite Film mein Favorit). An diesen Schwächen konnte Fincher aber natürlich auch nichts ändern, ohne der Buchvorlage sehr untreu zu werden.

Wo er doch mal zumindest vom schwedischen Film abweicht (da ich das Buch nicht gelesen habe, weiß ich nicht, wie vorlagentreu dieser tatsächlich war), da funktioniert es meiner Meinung nach nicht allzu gut, zudem werden vereinzelte Ereignisse aus den späteren Büchern vorgezogen, da der amerikanische "Verblendung" offensichtlich erstmal als Einzelfilm konzipiert wurde. Dabei bleibt es aber bei Kleinigkeiten, die auch nicht wirklich stören.

In Bezug auf die Besetzung kann ich eigentlich nicht klagen. Daniel Craig macht seine Sache gewohnt souverän und braucht sich nicht hinter seinem "Vorgänger" Michael Nyqvist zu verstecken, auch die weiteren wichtigen Rollen werden von Schauspielern wie Plummer, Stellan Skarsgard, Joely Richardson, Robin Wright, Steven Berkoff oder Goran Visnjic tadellos verkörpert. Nur mit Rooney Mara in der weiblichen Hauptrolle der problembeladenen Hackerin Lisbeth Salander habe ich so meine Probleme - rein optisch, wohlgemerkt, denn die OSCAR-Nominierung für ihre darstellerische Leistung ist verdient (wenn auch etwas unfair gegenüber Noomi Rapace, die für ihre mindestens gleichwertige Darstellung in der schwedischen Version nicht nominiert wurde). Aber sie sieht einfach nicht so aus, wie ich mir diese Person vorstelle. Natürlich bin ich da auch geprägt von Rapaces großartiger Darstellung, aber grundsätzlich finde ich, daß deren markante Gesichtszüge und eher knabenhafter Körperbau besser zu der Figur Lisbeth Salander passen als Rooney Mara, die letztlich auch in dieser Rolle mit seltsamer Frisur, vielen Piercings und großen Tätowierungen eher den konventionellen Schönheitsvorstellungen entspricht. Aber das ist letztlich Geschmackssache und schauspielerisch gibt es, wie gesagt, wenig auszusetzen.

Der größte Unterschied zwischen den beiden Verfilmungen von "Verblendung" manifestiert sich sicherlich in der Musik. Während die schwedische Version einen eher klassischen Soundtrack aufwies, griff Fincher wieder zu seinem im Vorjahr für "The Social Network" OSCAR-prämierten Komponisten-Duo Trent Reznor und Atticus Ross, die einen (auf drei CDs veröffentlichten!) düster-unheilvollen, mitunter nahezu atonalen Klangteppich geschaffen haben, der die Stimmung der Geschichte perfekt untermalt - wenn auch in manchen Szenen vielleicht etwas zu dominant. Dieser oft gerade unangenehme Soundtrack scheint die Zuschauer deutlich stärker zu polarisieren als der Film selbst, ich finde sie insgesamt sehr gelungen.

Fazit: Wer den schwedischen "Verblendung" gesehen hat und für gut befand, der ist nicht wirklich auf diese Neuverfilmung angewiesen, da sich die Unterschiede in Grenzen halten und auch qualitativ beide Filme in einer Liga spielen. Wer die Geschichte noch nicht kennt, der erhält auf jeden Fall einen spannenden, düsteren Thriller mit starken Schauspielerleistungen, der lediglich beim zentralen Kriminalfall etwas schwächelt. Aufgrund der kleinen Änderungen und der Tatsache, daß mir Noomi Rapace in der weiblichen Hauptrolle etwas besser gefällt als Rooney Mara, gebe ich David Finchers "Verblendung" einen halben Punkt weniger als dem "Original": 7,5 Punkte.

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Ich habe ja keine der Verfilmungen von "Verblendung" gesehen aber da du das Buch ansprichst, kann ich nicht unterlassen, da was dazu zu sagen. wink

Ich habe das Buch gelesen. Also das erste. Und "gelesen" ist vielleicht nicht das richtige Wort aber mir fällt im Moment gerade keines ein, das "mühsam durch ein Buch kämpfen" ausdrückt.

Ich hatte oft das Gefühl, dass ich vielleicht das falsche "Verblendung" erwischt hätte, denn ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass DIESES Buch so erfolgreich ist.


Das buch ist derart langweilig, dass die ersten 300 Seiten lang praktisch nichts passiert. Naja, Blomquist und Lisbeth haben jede Menge detailliert beschriebenen Sex, Blomquist trinkt regelmässig detailliert beschrieben Kaffee oder macht sich detailliert beschriebene Sandwiches, es wird erklärt, was ein MP3-Player ist, welche Marken von Computern benutzt werden, wie lange Blomquist duscht (3 Minuten) und auch, dass er Fertiggerichte im 7-Eleven kauf und diese mit der Gable(!) isst (aha, war wohl keine Suppe).
Dazwischen wird wieder mal jemand beinahe vergewaltigt oder eine Dame wirft sich ohne Grund Blomquist an den Hals (sprich: Sex).

Damit es nicht langweilig wird, gibt es hin und wieder auch Dialoge über mehrere Seiten, die dann doch irgendwann abgebrochen werden und man dann doch absolut NULL Neues erfahren hat.

Es werden auch andauernd seitenweise Erklärungen geboten, für die sich selbst Tolkien geschämt hätte - so erfährt man zu Beispiel auch haarklein, wie eine Wohnung eingerichtet ist - ein gutes halbes Dutzend Mal ohne jegliche Relevanz zur Geschichte.

Und, ja, der Fall selbst ist eher mau - schlimmer noch: die Lösung ist zum Grossteil von weitem sehbar oder schlicht nicht wirklich nachvollziehbar.


Ich glaube deshalb, dass der Film vermutlich um einiges besser ist als das Buch. Schlechter kann er kaum sein.

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VERBLENDUNG

Ich habe die schwedische Trilogie im ZDF gesehen (die Folgen wurden vor ca. 3 Wochen wiederholt). Die Trilogie war, für mich: drastisch, ergreifend, realistisch, abgründig, bestürzend etc., so dass ich mir die Wiederholung nicht mehr angetan habe (man sollte schon in guter psysischer Verfassung sein, meiner Meinung nach). Den Kinofilm (was soll ich alleine im Kino?), werde ich nicht sehen, denn ich denke, der Dreiteiler dürfte inhaltlich mehr hergeben.

Dies ist aus meiner eigenen Sicht geschrieben.


Genieße Dein Leben ständig, denn Du bist länger tot als lebendig.
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Kinobesuchbefehl für Drive! Der Film ist einfach wahnsinnig gut. Ich war am Samstag drin und werde ihn mir definitiv ein weiteres Mal im Kino ansehen.
Die guten Kritiken im Vorfeld hatten bei mir schon hohe Erwartungen geweckt (hatte schon Angst, sie wären zu hoch), aber der Film hat sie sogar noch übertroffen.
Wenn man Beispiele dafür sucht, welche Filme Kunst sind oder sein können, bei Drive wird man fündig. Ich saß total geflasht im Kino. Da hat alles einfach perfekt zusammengepasst. Darsteller, Charaktere, Einstellungen, Story (an sich nix besonderes, aber absolut überragend umgesetzt), Licht- und Farbspiele, Musik, es gab nichts, woran ich etwas zu mäkeln hätte. Es gibt viele sehr lange Szenen, in denen vordergründig nichts passiert, aber nicht trotz sondern wegen denen fand ich Drive unglaublich spannend, von Anfang bis Ende. Und so ruhig und langsam der Film insgesamt in großen Teilen auch ist, die außerordentlich brutalen Action- und Gewaltszenen, die immer wieder mal zu sehen sind, passen ebenfalls perfekt ins Konzept. Die sind selber wie ein Schlag ins Gesicht des Zuschauers, ob des großen Kontrasts zum sonstigen Tempo.
Die Darsteller - allen voran natürlich Gosling - machen eine ausgezeichnete Arbeit. Außerdem haben die Charaktere genug Zeit und Raum, um sich zu entfalten.

Ich bin einfach total begeistert von dem Film und er hat auf Anhieb den Sprung auf die Liste meiner Lieblingsfilme geschafft.


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THE ARTIST:

Hollywood, Ende der 1920er Jahre: Die Erfindung des Tonfilms bedeutet eine dramatische Umwälzung für die immer noch junge Filmindustrie. Während der Stummfilmstar George Valentin (Jean Dujardin, "OSS 117") den Tonfilm für neumodischen Quatsch hält, den keiner sehen will, und mit dieser Einstellung seine Karriere gefährdet, steigt die von Valentin eher zufällig entdeckte Peppy Miller (Bérénice Bejo, "Ritter aus Leidenschaft", "OSS 117") zu einem der größten Tonfilmstars auf ...

Ein französischer Stummfilm in Schwarzweiß ist der Topfavorit auf den OSCAR für den Besten Film des Jahres 2011. Wer hätte das gedacht? Vielleicht ist es symptomatisch, daß in einer Zeit, in der die Filmbranche durch den Einsatz von 3D ein weiteres Mal revolutioniert wird (wenn auch natürlich nicht so dramatisch wie beim Übergang vom Stumm- zum Tonfilm) und Teile des Publikums vermehrt darüber klagen, daß vor lauter 3D-Effektgewitter gerade bei den Blockbustern die Handlung sträflich vernachlässigt wird, ein Film wie "The Artist" aus dem Nichts zum Phänomen avanciert. Ein Film also fast ohne Spezialeffekte, ein Film, der seine Geschichte größtenteils durch Mimik und Gestik seiner Schauspieler erzählt, nur gelegentlich unterstützt durch eingeblendete Texttafeln (übrigens mehr als es in der echten Stummfilmzeit gewesen wären, dieses kleine Zugeständnis an heutige Sehgewohnheiten mußte wohl sein).
Vielleicht ist es ebenso symptomatisch, daß in der Zeit der Globalisierung ein Film die Leinwände erobert, den man wirklich weltweit verstehen kann, da die unterschiedlichen Sprachen hier keine Rolle spielen (denn selbst komplett ohne Texttafeln könnte man die Handlung problemlos verstehen).

Vielleicht liegt der Erfolg von "The Artist" aber auch einfach darin begründet, daß er ein unglaublich charmanter, geradezu typisch französisch verspielter Film ist, der mit einfachsten Mitteln die Herzen der Zuschauer berührt - ganz so, wie es (bei einem sogar noch sehr viel größerem Publikum) derzeit auch einem anderen französischen Film gelingt, nämlich "Ziemlich beste Freunde", dem bereits dritterfolgreichsten Film in Frankreich seit dem Zweiten Weltkrieg.

Sei es, wie es sei, Fakt ist: "The Artist" zeigt einem weltweiten Publikum die Ursprünge des Mediums auf und daß es auch heute noch möglich ist, mit der Konzentration auf die wirklich wichtigen Dinge einen guten Film zu erschaffen - ganz unabhängig von den technischen Möglichkeiten.

Dabei ist "The Artist", ehrlich gesagt, bei weitem kein perfekter Film. Ich habe ein bißchen das Gefühl, daß er vor allem bei jenen besonders gut anzukommen scheint, die noch nie im Leben einen Stummfilm gesehen haben und die niemals erwartet hätten, daß sie so etwas tatsächlich begeistern könnte. Wer sich jedoch (wie in bescheidenem Maße auch ich) einigermaßen mit der Stummfilmära auskennt, der freut sich vor allem über die unerwartete Anerkennung, die dieser beinahe vergessenen Kunstform plötzlich zuteil wird - und natürlich auch darüber, daß "The Artist", wenngleich nicht frei von Schwächen, doch ein richtig guter Film ist.

Die Geschichte, die Regisseur und Autor Michel Hazanavicius erzählt, ist eine an sich recht banale Mischung aus gefühlvoller Liebesgeschichte und tragischem Charakterdrama, aufgelockert mit etlichen Referenzen an die "Goldene Ära" Hollywoods - übrigens nicht nur auf die Stummfilmzeit beschränkt, wie beispielsweise der heimliche Hauptdarsteller von "The Artist", der Hund Uggie, zeigt, der offensichtlich an den beliebtesten Filmhund der 1930er Jahre angelehnt ist: Asta aus der wunderbaren "Der dünne Mann"-Krimikomödien-Reihe.

Von der Stimmung her erinnert speziell jener Teil von "The Artist", der sich mit George Valentins beruflichem Abstieg befaßt, stark an Billy Wilders Klassiker "Sunset Boulevard", eine großartige Eigenständigkeit kann man der Story generell nicht unterstellen. Das ist zwar schade, wird aber vor allem durch die äußerst charmanten schauspielerischen Leistungen locker abgefedert.

Es gibt ja auch in der heutigen Zeit immer wieder mal vereinzelte Versuche, Stummfilme zu drehen - denen ist aber in aller Regel deutlich anzumerken, daß sie nur versuchen, die "echten" Stummfilme zu kopieren, eine eigene Seele merkt man ihnen nur selten an. Und das liegt auch und vor allem an den Schauspielern. Wer in der heutigen Zeit die Kunst des Schauspielens gelernt hat, für den muß es einfach unglaublich schwer sein, jene Art des Darstellens nachzuahmen, die vor dem Tonfilm "state of the art" war, ohne dabei bemüht und unglaubwürdig zu wirken. Wer nicht mit der Art und Weise aufgewachsen ist, wie man damals Gestik und Mimik stets etwas übertrieben auf die Leinwand bringen mußte, damit das Publikum der Handlung auch ohne echte Dialoge folgen konnte, nur leicht unterstützt durch die kurzen, zwischengeschalteten Texttafeln, der kann dem heutzutage wohl kaum noch authentisch nacheifern. Umso bemerkenswerter ist es, wie perfekt vor allem Hauptdarsteller Jean Dujardin dieses Kunststück gelungen ist - weshalb er vollkommen zurecht Favorit auf den OSCAR für den Besten Hauptdarsteller ist (nur George Clooney könnte ihm noch gefährlich werden). Auch die übrige Darstellerriege - darunter James Cromwell, John Goodman (als Idealbesetzung für einen Filmmogul), Penelope Ann Miller, Missy Pyle und in einem Cameo Malcolm McDowell - macht ihre Sache erstaunlich gut, was für eine hervorragende Vorarbeit durch die gesamte Filmcrew spricht. Aber an Dujardins Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, die er diesem an Stummfilmstars wie Douglas Fairbanks erinnernden George Valentin verleiht, kommt keiner heran.

Eine besonders wichtige Rolle kommt in einem Stummfilm natürlich der Musik zu. Ludovic Bource (ebenfalls "OSS 117") hat diese Herausforderung sehr gut gemeistert, weshalb auch sein verspielter Soundtrack Topfavorit bei der OSCAR-Verleihung ist.

Fazit: "The Artist" ist ein richtig guter Film, der vor allem jenen, die nur an heutige Filmkost gewohnt sind, überzeugend vor Augen führt, was das Medium Film mit einfachsten Mitteln erreichen kann. Die Handlung ist leider nur gehobenes Mittelmaß - da gibt es bei den "echten" Stummfilmen weit besseres zu entdecken -, aber durch die Schauspieler, die Musik und Hund Uggie läßt sich das verschmerzen. 8 Punkte.

"The Artist" Blooper Reel

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Ich habe Jean Dujardin bewußt bisher nur im ersten OSS-Film gesehen und auch wenn der Film eher mittelprächtig war, hat er da sein enormes - auch und vor allem mimisches - Talent beeindruckend zur Schau gestellt. Insofern muß man im Nachhinein einfach sagen, daß er wohl die perfekte Wahl für die Hauptrolle von The Artist ist. smile Leider komme ich aus Zeitmangel nicht dazu, ins Kino zu gehen... aber bei erstbester Gelegenheit wird das nachgeholt! Zu wünschen wäre der Oscar allen nominierten Schauspielern, aber wenn ich drücke neben Clooney dem lieben Dujardin am meisten die Daumen. up


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"
elgi #453300 06/02/12 03:46 PM
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MONEYBALL:

Die Oakland A´s sind in der amerikanischen Major League Baseball wohl in etwa das, was in der deutschen Fußball-Bundesliga Mainz oder Freiburg sind: Ein Verein mit moderatem Budget, der auf eine gewitzte Transferpolitik und eine gute Ausbildungsarbeit angewiesen ist, um zumindest ab und zu mit den Großen der Liga mithalten zu können. Manager Billy Beane (OSCAR-nominiert: Brad Pitt) reicht das nicht mehr, nachdem sein Team gegen den Branchenprimus New York Yankees wie üblich das entscheidende Spiel verloren hat. Angeregt durch den jungen Analytiker Peter Brand (der bisherige Comedy-Spezialist Jonah Hill aus Filmen wie "Superbad" wurde für seinen Genrewechsel ebenfalls mit einer OSCAR-Nominierung belohnt) versucht Beane daher ein neues Konzept, um endlich auch einmal die Meisterschaft gewinnen zu können: Er stellt das Team für die neue Saison zusammen, indem er sich vorrangig auf statistische Auswertungen von Peter stützt und Spieler kauft, die aus verschiedenen Gründen (Alter, ausschweifendes Privatleben, ungewöhnliche Spielweise) billig zu haben sind, obwohl die Statistiken für sie sprechen ...

Eines vorweg: Obwohl ich inzwischen bereits einige Baseball-Filme gesehen habe (z.B. "Eine Klasse für sich"), gibt es im Grunde genommen noch immer keine einzige Regel dieses seltsamen Spiels, die ich wirklich verstanden habe. Da es den meisten Deutschen (sogar den meisten Europäern) ähnlich geht, braucht man keine prophetischen Gaben, um "Moneyball" in den meisten Märkten außerhalb der USA einen wenig erfolgreichen Lauf vorherzusagen. Dabei kann man den Film problemlos genießen, ohne auch nur die geringste Ahnung von Baseball zu haben! Bis auf ein Spiel, das recht ausführlich (für meinen Geschmack denn auch zu ausführlich) gezeigt wird, spielt der Sport selbst sowieso keine große Rolle in "Moneyball". Es geht vielmehr um aufeinanderprallende Spiel- bzw. Transferphilosophien, ja, im Grunde ist Billy Beane sogar so eine Art Schumpeter-Unternehmer, der mit (wenngleich nicht selbst entwickelten) neuen Ideen gegen die traditionelle Vorgehensweise antritt und damit naturgemäß zunächst auf erhebliche Widerstände innerhalb und außerhalb des Vereins trifft. Zudem läßt sich Beanes Philosophie problemlos auf andere Sportarten übertragen, eigentlich ist "Moneyball" die Verfilmung der auch in Deutschland beliebten Sportphrase "Die Mannschaft ist der Star".

Regisseur Bennett Miller ("Capote") hat seinen Film relativ konventionell inszeniert, weshalb er zwar über weite Strecken zu unterhalten weiß und nicht zuletzt dank eines guten Schusses Humor jede Menge gute Laune verbreitet - ohne jedoch an die filmische Klasse beispielsweise eines "The Social Network" heranzukommen. Wo David Fincher im Großen und Ganzen auf die Genrekonventionen pfiff, sieht man "Moneyball" immer wieder an, daß er seine Geschichte ziemlich reißbrettartig erzählt. Das bedeutet, daß es natürlich nicht ohne - inhaltlich komplett überflüssige - Storyschwenker zu Beanes Familie geht und auch einige Rückblicke auf seine erfolglose Karriere als Spieler ziehen den ganzen Film doch ziemlich in die Länge (rund 130 Minuten).

Letztlich könnte man "Moneyball" daher in die Kategorie "konventionelles, aber sehr unterhaltsames Feelgood-Movie" einordnen - wären da nicht die letzten rund 30 Minuten, die leider ziemlich zäh und erstaunlich antiklimaktisch sind und damit den guten Gesamteindruck etwas verwässern.

Dank der beiden spielfreudigen Hauptdarsteller, der Handlung in bewährter Underdog-Manier und gewitzter Dialoge ist "Moneyball" dennoch empfehlenswert: 7,5 Punkte.

Ralf #453303 06/02/12 07:55 PM
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Originally Posted by Ralf
Schumpeter-Unternehmer


Ich lese diesen Begriff hier zum ersten Mal. Was bedeutet dieser Begriff ?

Und nebenbei fällt mir auch gerade auf, daß es zwar thematische Baseball-Filme gibt, aber noch keinen reinen Fußbal-Film ? Einmal von "Kicking like Beckham" un den Film über das "Wunder von Bern" abgesehen ...


When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it.
--Dilbert cartoon

"Interplay.some zombiefied unlife thing going on there" - skavenhorde at RPGWatch
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